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Kasematte "Am Bär"

Kasematte "Am Bär"

Auch in anderen Städten wie Kalkar (1354 rundell) und Kleve (1369 rondeel) existieren seinerzeit Rondelle. Im damaligen Sprachgebrauch waren dies freilich noch keine Artilleriebauten, sondern vielmehr bullige, bastionsartige Rundtürme. Erst im 15. Jahrhundert wandelten sich diese zu speziellen Wehrbauten für Feuerwaffen. Das heute stehende Rondell ist das Produkt eines höchst komplizierten Wachstumsprozesses, der aus einem kleinen Rundturm über mehrere Um- und Ausbauphasen bis Ende des 16. Jahrhunderts den jetzigen Baukörper schuf. Dieser zeigt eine grob halbovale, mehrfach im Verlauf unregelmäßig gebrochene Gestalt mit geschrägten, d. h. dossierten Wänden. Auffällig sind die zahlreichen Flickungen der Außenhaut, die ein beredtes Zeugnis davon ablegen, wie oft der Rhein durch Hochwasser und Eisgang dieses exponiert gelegene Bauwerk beschädigte. Denn bis 1671 floss der Rhein in einer weiten Schleife direkt auf das Rondell zu. Erst der mühsame Kurvendurchstich ab 1654, der den jetzigen Rheinverlauf erzeugte, entlastete die Bausubstanz spürbar. Das alte Rondell wurde um 1520 der neuen Wehrtechnik angepasst, indem man es rundum erweiterte und mit Schießkammern versah. Hierbei erhielt das Südwesteck zur effizienten Bestreichung der Rheinfront ein eingezogenes Ohr, ein sog. Orillon. Ein solches wurde nach Norden nicht benötigt, da dort zeitgleich ein mächtiges Bollwerk – die Streichwehr unter dem Koenraad Bosman Museum – entstand. Von der südlichen Schießkammer hat sich eine später vermauerte Maulscharte für Hakenbüchsen und kleinkalibrige Geschütze erhalten; eine das Ohr seitlich durchdringende Scharte wurde nicht realisiert. Um 1583 erfolgte eine weitere „Modernisierung“, indem man die nördliche Schießkammer erneuerte und mit einem Tonnengewölbe sowie zwei Rundlochscharten versah. Zugleich wurde auch die südliche Schießkammer eingewölbt. Beide Gewölbe enthielten Deckenluken zur besseren Belüftung und zum Abzug des Pulverdampfes. Als die Franzosen das Rondell nach 1758 offenbar als Munitionsdepot nutzten, verdämmten sie das Gebäudeinnere weitgehend und legten auf einem wesentlich höheren Niveau jene gewölbten Korridore an, die das Rondell noch heute stadtseitig erschließen. Statische Probleme im Inneren der südlichen Kasematte führen 2002/2003 zuerst zu einer Bauuntersuchung inklusive archäologischer Schürfungen, dann zu einer statischen Sicherung. Das Rondell wurde im Frühjahr 2003 durch das Seminar für Burgenforschung fachgerecht teilentschuttet. Seit 2014 ist die Kasematte bei Stadtführungen zu besichtigen.