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"Das Leben ist wie eine Frikandel"


Wie geht’s?

LUDGER KAZMIERCZAK: Gut. Wir haben ja gerade die närrischen Tage hinter uns: Allerheiligen, Volkstrauertag, Buß- und Bettag, Totensonntag. Das hebt die Stimmung, da kommt Freude auf. Aber: Schlimmer! Geht immer!

Das ist auch der Titel Ihres vierten Soloprogramms. Das klingt nicht gerade nach Optimismus. Darf sich das Publikum dennoch auf einen heiteren Abend freuen?

KAZMIERCZAK: Oh ja, bislang ist noch jeder nach meinen Auftritten glücklich und optimistisch nach Hause gegangen. In turbulenten Zeiten wie diesen verschmelzen das Publikum und ich zu einer großen Selbsthilfegruppe. Am Ende halten wir es mit unseren niederländischen Nachbarn: „Het leven is als een frikandel. Je moet het zelf speciaal maken!“ (Das Leben ist wie eine Frikandel, du musst es selbst spezial machen!)

„Schlimmer! Geht immer“ beschreibt auch die politischen Verhältnisse in den Niederlanden, aus denen Sie als WDR-Korrespondent berichten. Kehrt dort nach der letzten Wahl endlich Ruhe ein? Geht’s in Deutschland, im direkten Vergleich, gesittet zu?

KAZMIERCZAK: Na ja, wir sehen aktuell auch in Deutschland, wie fragil politische Zwangs-Ehen sind. In der niederländischen Viel-Parteienlandschaften mit 15 Fraktionen im Parlament ist es natürlich noch schwieriger, handlungsfähige Koalitionen zu schmieden. Die Regierungsbildung in den Niederlanden wird dauern, aber die nächste Koalition wird stabiler sein als die letzte.

Christian Schulte-Loh hat bei seinem Auftritt in Rees am 13. November die Unterschiede zwischen dem deutschen und britischen Humor erklärt. Wie unterscheidet sich der deutsche Humor vom niederländischen Humor?

KAZMIERCZAK: Der niederländische Humor ist viel böser, derber und oft auch alberner als der deutsche. Vor allem ist er gerne politisch unkorrekt. Das mag ich sehr.

Im Rahmen des Köln Comedy Festivals sind Sie unlängst beim „deutsch-holländischen Comedy-Speciaal: Lekker lachen“ aufgetreten. Welches Klischee blieb dort unbedient? Waren überhaupt Holländer im Publikum?

KAZMIERCZAK: Wenn ich mich recht erinnere, hat sich nur ein Zuschauer als Niederländer geoutet. Die anderen wollten wahrscheinlich anonym bleiben. Es gab kaum Klischees, die wir nicht bedient haben, aber der Untertitel hieß ja auch „Witze – flacher als Groningen“. Da haben wir uns alle Mühe gegeben.

Die Kontrollen an der deutsch-niederländischen Grenze wurden unter Friedrich Merz verschärft. Welche Folgen hat das für die Migration? Und welche für Sie?

KAZMIERCZAK: Die Migranten und ich, wir nehmen jetzt die kleinen unbewachten Grenzübergänge in Wyler, Gennep und Siebengewald. Und die armen Lkw-Fahrer der großen Speditionen stehen auf der A3 bei Elten stundelang im Stau. Diese permanenten Kontrollen sind meiner Ansicht nach reine Symbolpolitik. Ich mache hier Schluss, bevor ich mich aufrege.

Sieht Ihr Karriereplan künftig auch Kabarettabende in Comedy-Hochburgen jenseits von NRW vor? Oder bleiben Sie bewusst dem Heimschläfer-Areal (Materborn +80 Kilometer) treu?

KAZMIERCZAK: Materborn + 120 Kilometer! Ich durfte dieses Jahr schließlich dreimal in Köln auftreten, aber klar: Da muss ich mehr erklären, weil mein Programm doch sehr auf den Niederrheiner zugeschnitten ist. Aber wenn München ruft, komme ich auch – vielleicht mit Untertiteln.

Das Online-Portal „Kleveblog“ schrieb nach der jüngsten Kommunalwahl: „Kleve hat einen neuen Bürgermeister, einen neuen Rat – und ein 19,9-Millionen-Euro-Loch“. Was davon birgt das größte Spaßpotenzial für Ihr nächstes Programm?

KAZMIERCZAK: Der neue Bürgermeister und der Rat müssen sich erst noch für mein Programm empfehlen. Die 20 Millionen Miese nehme ich gerne jetzt schon.

Sie sind seit Jahren in der Jury für den „Tom Sawyer Preis“ der Stadt Rees, einem bundesweiten Schreibwettbewerb für Jugendliche der Klassen 5 bis 13. Welchen Eindruck haben Sie vom literarischen Nachwuchs, der auch am 7. Dezember wieder im Reeser Bürgerhaus geehrt wird?

KAZMIERCZAK: Leider ist die Zahl der Einsendungen diesmal zurückgegangen. Es ist schwierig, bundesweit Schülerinnen und Schüler zu erreichen und für das Schreiben zu begeistern. Ich glaube, die Ablenkung durch Soziale Medien und Streaming-Dienste ist sehr groß. Dafür ist die Qualität der eingereichten Beiträge sehr gut. Wir haben also mehr Klasse als Masse.

Was war Ihre erste Veröffentlichung, die für ein größeres Publikum gedruckt wurde?

KAZMIERCZAK: Ich habe mit 16 oder 17 Jahren einen kleinen Einspalter für die Rheinische Post in Kleve geschrieben – über das Pfarrfest in meinem Heimatdorf Nütterden. Dort gab es damals ein lebendes Ferkel zu gewinnen. Honorar: circa 20 DM. Damit war der Weg für eine steile journalistische und humoristische Karriere geebnet.

2028 steigt in Rees die 800-Jahr-Feier. Möchten Sie schon gratulieren?

KAZMIERCZAK: Vorab zu gratulieren bringt ja bekanntlich Unglück, deshalb lasse ich das lieber. Ich komme aber ganz bestimmt, um mitzufeiern. Und so viel kann ich schon verraten: Ich komme nicht allein.


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